Der Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg (VfEW) und die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) kritisieren die fehlende Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure bei der Erarbeitung des Klimaschutz-Maßnahmenregisters. Nachdem mit dem Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg, insbesondere aufgrund der definierten Sektorenziele eine vorbildliche Grundlage für den Ausbau der erneuerbaren Energien gelegt worden ist, vergibt die Landesregierung nach Ansicht der beiden Organisationen die Chance, die Gesellschaft, die betroffenen Wirtschaftsunternehmen, aber auch Kommunen und Landkreise bei der so wichtigen Umsetzung des konkreten Aktionsplans mitzunehmen.
„Das Klimaschutz-Maßnahmenregister ist das Rezeptbuch, mit dem die Klimaschutzziele des Landes erreicht werden sollen. Die Landesregierung hat wohl die Befürchtung: ‚zu viele Köche verderben den Brei‘, denn es gab – anders als beim früheren Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) – keine Beteiligung“, bemängeln VfEW-Geschäftsführer Torsten Höck und Jörg Dürr-Pucher, Vorsitzender der Plattform EE BW. Für die Geheimniskrämerei der letzten Wochen ist auch der intensive Prozess der Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien keine Entschuldigung.
Die Maßnahmenliste ist aus Sicht der Verbände unzureichend. VfEW und Plattform EE BW haben konkrete Vorschläge für Schwerpunkte, die das Klimaschutz-Maßnahmenregister setzen muss. Gleichzeitig fordern sie die Umsetzung konkreter Maßnahmen, die für Fortschritte beim Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien besonders wichtig sind.
Forderungen an das Klimaschutz-Maßnahmenregister
Insbesondere bei der Wärmewende muss es viel mehr
konkrete Umsetzungsschritte geben. Dazu gehören sowohl der Bau von
Fernwärmetransportleitungen bei den geplanten Tiefengeothermie-Kraftwerken am
Oberrhein, als auch die Neuauflage der Landesförderung für den Ausbau von
Wärmenetzen. Letztere muss der neuen Bundesförderung für effiziente Wärmenetze
(BEW) auf Bundesebene angepasst werden. Auch bei regenerativen Einzelheizungen
ist ein rapides Wachstum dringend notwendig. Die Umsetzungsschritte könnten im
zweiten Halbjahr 2023 von einer kleinen, aber schlagkräftigen Task Force
Wärmewende erarbeitet werden.
Zweiter Schwerpunkt, der im Klimaschutz-Maßnahmenregister prioritär behandelt werden muss, ist die Sektorenkopplung. Insbesondere bei der Erzeugung und Speicherung regenerativer Energien und der Schaffung öffentlicher Ladepunkte muss Baden-Württemberg Zeichen setzen, fordert Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform EE BW: „Wir wollen, dass das Land bei der Umsetzung von solar überdachten Parkplätzen mit Speichern und Lademöglichkeiten führend wird. Auch Elektrolyseure, deren Abwärme in Wärmenetzen genutzt werden kann, müssen in den Fokus rücken. Sie sollten sinnvollerweise in solchen Regionen entstehen, in denen es bereits in den nächsten Jahren einen Überschuss erneuerbarer Energien geben wird.“ Das ist vor allem bei Umspannwerken und in ländlichen Regionen mit vielen Solar- und Windparks gegeben. Auch Kuppelstellen, an denen der Windstrom aus dem Norden Deutschlands nach Baden-Württemberg fließt, eignen sich für Elektrolyseure.
Zentral ist der Ausbau erneuerbarer Energien
Als zentralen dritten Punkt fordern der VfEW und die
Plattform EE BW den Ausbau von Solar- und Windstrom bis 2030. Im Schnitt
sollten die Zubaumengen bei 2.000 Megawatt (MW) Solarstrom und 1.000 MW
Windstrom pro Jahr liegen. Hinzu kommen der Ausbau, die Modernisierung und die
Flexibilisierung der nicht volatilen erneuerbaren Energien, wie Geothermie,
Biomasse und Wasserkraft, die in Baden-Württemberg eine bundesweit
überdurchschnittliche Bedeutung haben.
Entscheidend ist, dass nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt, sondern auch das Stromnetz gleich mitgedacht wird. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der regulatorische Rahmen müssen für den Netzausbau dringend angepasst werden. Einen guten Beginn hat die Task Force für die Synchronisierung des Netzausbaus mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien gelegt. Jetzt muss die schnelle Umsetzung der gemeinsamen Einspeisung von Solar- und Windparks am gleichen Netzverknüpfungspunkt erfolgen. Wichtig ist zudem eine Beschleunigung des Baus von Umspannwerken auf allen Spannungsebenen, um mehr Strom aus erneuerbaren Energien im Stromnetz verteilen zu können. Dazu gehört auch die Speicherung von Strom und Wärme.
Stuttgart, 13.2.2023