Wolfgang Deinlein, Diplom-Geoökologe in der Abteilung Trinkwassergewinnung- Qualitätssicherung der Stadtwerke, hat die Ergebnisse hier noch einmal zusammengefasst.
Was war der Anlass zur Untersuchung der Stadtwerke Karlsruhe zu CETA, TiSA und TTIP?
Die Abkommen haben eine hohe Bedeutung und sind sehr komplex. Abgesehen von vielen allgemein gehaltenen Stellungnahmen auf der einen Seite und generellen Befürchtungen auf der anderen gab es aber für die Wasserwirtschaft bislang keine detaillierte, exegetische Untersuchung des CETA-Textes und der veröffentlichten TiSA- und TTIP-Verhandlungsdokumente. In Abstimmung mit den Verbänden haben die Stadtwerke Karlsruhe diese dann ausgewertet, um herauszufinden, inwiefern Interessen der Trinkwasserversorgung betroffen wären.
Können Sie die Ergebnisse der Untersuchung kurz zusammenfassen?
Zunächst einmal gewährt der CETA-Investitionsschutz ausländischen Unternehmen Sonderrechte gegenüber nur im Inland tätigen Unternehmen wie den Stadtwerken Karlsruhe. Diese Sonderrechte könnten sich auch auf die Erteilung von Wasserrechten zur Grundwasserentnahme auswirken. Bei gemeinsam genutzten Grundwasservorkommen könnte sich – je nach Auslegung durch Schiedstribunale – die Trinkwasserversorgung der Stadtwerke Karlsruhe plötzlich in einer extrem schwächeren Position wiederfinden als dies nach derzeitiger Rechtslage der Wassergesetze der Fall ist. Auch die Ausweisung von Wasserschutzgebieten könnte verhindert werden, wenn ein ausländischer Investor aufgrund von Ertragseinbußen eine Investitionsschutz- Klage erwägt. Weiterhin ist derzeit nicht eindeutig geregelt, dass CETA, TiSA und TTIP keine zwingende Verpflichtung enthalten, ausländischen Unternehmen den Marktzugang bei der Trinkwasserversorgung zu gewähren. Hier sind zwar generelle Ausnahmeregelungen enthalten, die aber unvollständig geblieben sind. Nur wenn die Lücken geschlossen würden, wäre Rechtssicherheit für die kommunalen Wasserversorger gewahrt. Ein zusätzlicher wichtiger Punkt beim Thema Ressourcenschutz ist auch der mangelnde Schutz für das bewährte EUVorsorgeprinzip. Dieses ist aber entscheidend, um die genutzten Wasservorkommen für kommende Generationen in sauberem Zustand zu erhalten.
Welche Änderungen würden Sie sich wünschen, um diese Probleme zu lösen?
Die kommunale Wasserwirtschaft braucht eine vollständige und rechtssichere Ausnahme aus den Freihandelsabkommen. Dazu gehören beispielsweise auch Wasserrechte. Das EU-Vorsorgeprinzip sollte explizit in CETA und TTIP verankert werden.
Wolfgang Deinlein, Stadtwerke
CETA: Das „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (kurz CETA) ist ein gemeinsames Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Das Abkommen ist bereits fertig verhandelt und liegt dem europäischen Rat zur Ratifizierung vor. Als „gemischtes Abkommen“ fallen Teile von CETA unter die Zuständigkeit der EU-Mitgliedsstaaten, wodurch eine Zustimmung der nationalen Parlamente Voraussetzung für das Abkommen ist. Wie alle Freihandelsabkommen soll CETA Märkte öffnen und den Handel zwischen der EU und Kanada ankurbeln. Umstritten sind die Regelungen zum CETA Investitionsschutz und zur Wahrung des Vorsorgeprinzips.
TiSA: Das „Trade in Service Agreement“ (kurz TiSA) ist ein geplantes, plurilaterales Dienstleistungshandelsabkommen, das zwischen 23 Mitgliedsstaaten der WTO verhandelt wird. TiSA soll den Marktzugang im Dienstleistungshandel vereinfachen, indem unter anderem Märkte nicht mehr durch Quoten reguliert werden sollen und Inländer und Ausländer am Markt gleichbehandelt werden müssen. Bei den Anwendungsbereichen für diese Regelungen können die teilnehmenden Länder Listen erstellen. Die EU will dabei für die Öffentliche Daseinsvorsorge und Audiovisuelle Dienste keine Verpflichtungen übernehmen.
TTIP: TTIP („Transatlantic Trade and Investment Partnership“) ist ein vorgeschlagenes Freihandels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und den USA, das seit 2013 verhandelt wird. Ziel ist es, Handelsbarrieren abzubauen und somit einen einfacheren Zugang zu den Märkten auf beiden Seiten des Atlantiks zu ermöglichen. Befürworter sehen in TTIP einen Motor für Wohlstand und Wirtschaftswachstum, Kritiker hingegen befürchten eine Absenkung europäischer Standards bei Arbeitnehmerrechten, Verbraucher-, Daten- und Umweltschutz sowie eine Aushöhlung der nationalen Gerichtsbarkeit durch ausländische Schiedsgerichte.